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Überseevon Peter Fritz
Vater und SohnEin Empfang in der Residenz des österreichischen Botschafters in Washington. Dezentes Gemurmel allerorten. Ich nähere mich einem Tisch, frage höflich, ob ich mich dazusetzen darf. Ein lauter, schroffer Ton schallt zurück: „Ja, freilich, setzen Sie sich her!" Es ist ein älterer Herr mit markantem Gesicht, hoher Stirn und sehr fester Stimme, in der ich einen leichten kärntnerischen Einschlag vermute. „Wo sind Sie her?", will er wissen. „Ich bin von Kärnten über Wien nach Washington gekommen" sage ich. „Genau wie ich!" ruft mein Tischnachbar aus. Dann stellt er sich vor: „Boeckl!". Ich werde stutzig: „Sind Sie vielleicht mit dem berühmten Maler Herbert Boeckl…?" Er ruft, laut: „Mein Vater! Ich bin sein ältester Sohn!" Tatsächlich. Neben mir sitzt Leopold Boeckl, von Beruf Architekt in Washington.Mein Vater ist immer angeeckt. Er war sehr politisch, aber er war immer auf der Seite derer, die gerade nicht das Sagen hatten", meint der Sohn. Ich kann mir vorstellen, dass es ihm zuweilen ähnlich ergeht, mit seiner leicht polternden Art, die so gar nicht zum üblichen, freundlich- nichtssagenden Washingtoner Plauderton paßt. In Amerika kennt man Herbert Boeckls Werke kaum. Der Sohn führt das darauf zurück, dass sein Vater in der Nazizeit in Wien geblieben und nicht emigriert ist. Boeckls Bilder galten aber auch unter den Nazi- Machthabern als verpönt. Zwischen allen Stühlen zu sitzen, das war für Herbert Boeckl in manchen seiner Lebensabschnitte die übliche Pose. In den USA gibt es Werke von ihm nur in ein paar privaten Sammlungen, kein großes US- Museum hat je ein Boeckl- Bild gekauft. Und auch der Sohn besitzt nicht mehr viele Bilder von der Hand seines Vaters: „Es gibt ja so viele, die eines geschenkt haben wollen", meint Leopold Boeckl. Und ein vielsagendes Lachen hüllt dabei seine schroffe Stimme in zartere Töne ein. Copyright © |