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Überseevon Peter Fritz
Souvenirs aus SeattleDie Augen noch leicht gerötet, den Hals noch leicht verkratzt, so habe ich mich letzte Woche auf den Heimflug gemacht von der interationalen Handelskonferenz in Seattle. Anzug, Krawatte und Trenchcoat hatte ich mitgenommen zu dieser Tagung, aber viel wichtiger wäre es dort gewesen, eine Gasmaske mit im Gepäck zu haben. Denn als die Polizei anfing, die Gegendemonstranten mit Tränengas zu verscheuchen, da kriegten auch wir Journalisten eine gehörige Ladung ab. Seither kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung berichten, daß Tränengas sehr unangenehm und sehr wirkungsvoll ist, und daß ich mich an diese Tagung stets mit gemischten Gefühlen erinnern werde.Die Organisatoren verschenkten an die Journalisten kleine Pakete mit Räucherlachs und Wein aus der Gegend. Aber auf der Straße habe ich ein anderes Souvenir eingesteckt: Eine der runden, harten Gummikugeln, die die Polizei dort dutzendweise gegen die Demonstranten verschossen hat. Ursprünglich hatte sich die US- Regierung den Protestierern gegenüber sehr freundlich gezeigt. Denn viele von ihnen haben Anliegen vertreten, die auch den amerikanischen Vertretern am Herzen liegen. Zum Beispiel Maßnahmen gegen Länder, die zwar billig, aber umweltschonend und menschenverachtend ihre Güter produzieren. Aber die Polizei hat es in Seattle nicht geschafft, die Konferenzteilehmer und die Demonstranten auseinanderzuhalten, und so blieb am Ende dem Bürgermeister nichts anderes mehr übrig, als den Notstand auszurufen und die Polizei mit Tränengas in die Straßenschlacht zu schicken. Der Bürgermeister, Paul Schell, war erschüttert. "Ich gehöre selbst zur Protestgeneration, die in den Sechzigerjahren gegen den Vietnamkrieg demonstriert hat. Nie hätte ich geglaubt, daß ich einmal Gewalt gegen Demonstranten anordnen muß", sagte er. Jetzt ist auch er einer geworden, der er nie im Leben sein wollte. Copyright © |