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Übersee

von Peter Fritz
(Washington DC)



Tod per Post

Es ist die Frage der Woche in unserer Wohnstraße: „Wie geht Ihr eigentlich mit der Post um?" Keiner hätte gedacht, daß man eines Tages die täglich ins Haus flatternden Briefe mißtrauisch beäugen würde, als Träger einer möglicherweise todbringenden Ladung.
Eine meiner Nachbarinnen hat den Briefkasten vor ihrem Haus zugeklebt. Stattdessen steht jetzt ein Pappkarton vor der Eingangstüre, mit der Bitte an den Briefträger, die gesamte Post dort zu deponieren. Wenn das geschehen ist, tritt unsere Nachbarin hervor, angetan mit Gummihandschuhen und Gesichtsmaske, und macht sich vorsichtig an den Kuverts zu schaffen. Wir gehen um einiges furchtloser zu Werke, achten nur etwas genauer auf Absender und Aussehen der Briefe. Aber, wer weiß, vielleicht ist die Sorge unserer Nachbarin gar nicht so unberechtigt. Schließlich haben die teuflischen Krankheitskeime gezeigt, daß sie sich schneller und weiter ausbreiten können als je gedacht. Der Preis des Mißtrauens ist allerdings eine wilde Panik, mit der unsere Nachbarin ihre ganze Familie angesteckt hat. Der achtjährige Sohn hat panische Angst davor, morgens in den Schulbus zu steigen, auch wenn der kaum als Ziel für Terrorakte in Frage kommt. Aber die Angst sitzt nun einmal tief.
Selbst die Furchtlosen achten zur Zeit darauf, dass ein paar Vorräte im Haus sind. Es ist nicht auszuschließen, dass die unbekannten Täter in Zukunft auch Nahrungsmittel mit Giftladungen versetzen. Trinkwasser horten sowieso schon alle. Und man achtet darauf, daß der Benzintank des Autos stets mindestens zu drei Vierteln voll ist, für den Fall, daß eine eilige Flucht geboten erscheint.
Zwar ist, statistisch gesehen, das Autofahren noch immer weitaus gefährlicher als das tägliche Öffnen der Post. Aber das startbereite Auto gibt einem zumindest die Illusion, daß im Fall des Falles noch ein Ausweg offen steht.



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