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von Peter Fritz
(Washington DC)

Das Haus der Häuser

Jeder Journalist, der nach Washington kommt, hat einen Wunsch: einmal dabeizusein bei der täglichen Pressekonferenz im Weißen Haus. Fernsehzuschauer kennen die Kulisse: Ein eleganter Hintergrund aus dunkelblauem Stoff, ein ovales Schild mit der Aufschrift „The White House", und davor der Pressesprecher oder der Präsident persönlich. Kriege und Friedensschlüsse wurden in diesem Raum verkündet, Haupt- und Staatsaktionen sonder Zahl.
Auch ich haben mich diesem Raum sehr ehrfurchtsvoll genähert beim ersten Mal. Aber den Respekt habe ich bald verloren. Denn dieser berühmte Raum ist in Wirklichkeit ein ziemlich heruntergekommenes Kammerl. Das Fernsehen zeigt nur das Podium mit den wichtigen Rednern, vielleicht noch die ersten Reihen mit den eifrig mitschreibenden Reportern. Aber dahinter herrscht das blanke Chaos: ein Wirrwar von Kabeln, achtlos abgestellte Gerätekoffer, dazu haufenweise Papiere, die ungeordnet herumliegen. Bei meinem letzten Besuch im Presseraum hingen überall Notizen an der Wand: „Achtung, bitte keine Essensreste herumliegen lassen! Sonst sind wir machtlos gegen die Ratten." Vorige Woche hat das Weiße Haus seinen 200. Geburtstag gefeiert. Da wurde kräftig in Erinnerungen gekramt: Wissen Sie, wer der erste Monarch war, der das Weiße Haus besuchte? Es war König David Kalakaua von den Sandwich- Inseln, im Jahr 1874. Im Jahr 1909 wurde der Pferdestall des Weißen Hauses durch eine Garage ersetzt, und erst vor sieben Jahren, 1993, ging die erste elektronische Post ans Weiße Haus, eine e- mail an Präsident Clinton.
P. S.Ich habe diese Kolumne kurz vor der Präsidentenwahl geschrieben. Wenn Sie sie lesen, wissen Sie schon, wer der neue Hausherr im Weißen Haus ist. Hoffentlich trägt er keinen Schock davon, wenn er am ersten Tag im neuen Haus ausgerechnet auf den Zettel mit der Rattenwarnung stößt.