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von Peter Fritz
(Washington DC)

Al oder George

Meinungsforscher stellten die beliebte Testfrage zur Präsidentenwahl: „Würden Sie diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen?" Das Ergebnis müßte Vizepräsident Al Gore zuversichtlich stimmen. Weit mehr als die Hälfte der Befragten würden sich lieber von ihm ein Auto andrehen lassen. Wesentlich weniger Leute wären bereit, seinem Rivalen George Bush diesen Vertrauensbeweis entgegenzubringen.
Wie kommt es dann, daß George Bush dennoch in den meisten Umfragen knapp vor Al Gore liegt? Die Antwort läßt sich wahrscheinlich anhand derselben Umfrage ermessen. Da wurde nämlich auch gefragt: „Angenommen, die beiden Kandidaten würden gebrauchte Autos verkaufen, welche wären das dann?" Im Fall von Al Gore tippten die meisten auf einen Volvo- Kombi: solid, sicher, aber ziemlich fad. Bei George Bush war es dagegen ein Porsche: flott, zugleich riskant, dafür aber sicher nicht langweilig.
Ein Kandidat, der als riskant erscheint, hätte früher keine Chance gehabt. Aber die Amerikaner sind verwöhnt durch den langen, ungebrochenen Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre. Sie könnten es sich sich diesmal leisten, trotz allem für den riskanteren der beiden zu stimmen. Einfach aus dem Gefühl heraus, daß die Zeiten schon weiter gut bleiben werden, auch wenn der Mann im Weißen Haus kein Geistesriese ist.
Fast alle Wähler halten Al Gore für den intelligenteren der beiden Kandidaten. Aber gerade das ist auch sein Problem: Er wirkt oberlehrerhaft und steif. George Bush dagegen hat sich in jungen Jahren als Playboy und Schmähbruder durchs Leben geschlagen. Den alten Charme aus dieser Zeit kann er auch heute noch ganz gut zur Geltung bringen. Es könnte Bush zugute kommen, daß viele Leute zwar einen Volvo fahren, weil er sicher und praktisch ist, daß sie aber insgeheim doch stets sehnsuchtsvolle Seitenblicke auf den flotten Porsche werfen.