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von Peter Fritz
(Washington DC)

Sündenstadt

Ein Freund von mir sitzt in einem Lokal, will sich eine Zigarette anzünden und fragt schüchtern,ob das hier auch erlaubt ist. "Sir, wir sind hier nicht in Kalifornien", kommt blitzschnell die Antwort. "Hier bei uns können Sie überall rauchen, wo es Ihnen paßt." Das Lokal ist kein beliebiges Lokal, sondern ein Spielcasino, und der Ort ist kein gewöhnlicher Ort, sondern die Stadt, die die Amerikaner gerne "SinCity" nennen- die Haupstadt der Sünde, Las Vegas in Nevada,.
Auf der Straße drücken einem die Zettelverteiler in Las Vegas kleine Kärtchen in die Hand, auf denen "private Unterhalterinnen" ihre Dienste anbieten. Sicher ist damit nur gepflegte Konversation gemeint, denn körperliche Liebe käuflich zu erwerben, ist selbst im sündigen Las Vegas verboten. Aber gegen eine freundliche Unterhaltung im Hotelzimmer kann ja keiner etwas sagen.
Und dann ist da natürlich noch die Sünde, der Las Vegas praktisch seine geamte Existenz und seinen Wohlstand verdankt: Das Glücksspiel in allen Varianten, vom Füttern der einarmigen Banditen mit kleinen Münzen bis zum Pokern mit zehntausenden Dollar als Einsatz. Die Möglichkeiten, sich finanziell zu ruinieren, sind so vielfältig wie nirgendwo sonst auf der Welt.
Nach dem Terror des 11. September haben sich alle in Las Vegas vor dem Ausbleiben der Gäste gefürchtet, aber jetzt, fast ein Jahr danach, fällt die Bilanz nicht so schlecht aus: Nur zwei Prozent Rückgang bei der Gästezahl. Trotz Terrorangst gibt es also noch genügend Leute, die es in die Sündenstadt Las Vegas zieht- zu freiem Rauchen, freiem Spiel und gepflegter Unterhaltung mit der privaten Konversations- Expertin.