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von Peter Fritz
(Washington DC)

Lockere Sitten

Ich war vor kurzem in New Orleans, tief im Süden, am Ufer des Mississippi. Wenn von dieser Stadt die Rede ist, dann huscht den meisten Amerikanern ein Lächeln übers Gesicht. Ja, New Orleans, die Stadt, in der alles anders ist, wo die Menschen freundlich sind und die Sitten locker. In New Orleans darf man auf der Straße Alkohol trinken, etwas, was überall sonst in der Vereinigten Staaten verboten ist.
Diese Lockerheit wird allerdings oft mißverstanden:Besucher aus anderen Gegenden Amerikas kommen nach New Orleans und glauben, daß nur ein zünftiger Rausch die Stadt erst richtig schön macht. Die berühmte Bourbon Street, die Lebensader der Altstadt, habe ich vor allem als Tummelplatz für besofffene Touristen erlebt. Stripklubs, Sexshops, Schnapsbuden, soweit das Auge reicht. Statt der Jazzmusik, die hier geboren ist, dröhnt härtester Rock aus viel zu laut aufgedrehten Verstärkern.
Aber auch ein schlechter Ruf verpflichtet. Schon um die Jahrhundertwende, als hier ein kleiner Bub namens Louis Armstrong als Kohlenträger schuftete, war New Orleans verrufen: Der Jazz, die Musik, die den kleinen Louis Armstrong hier in ihen Bann schlug, schallte ihm damals aus den Freudenhäusern der Stadt entgegen. Armstrong, der legendäre Trompeter, hat den Jazz später auch in die feinsten Häuser gebracht. Aber wenn er von New Orleans redete, dann hatte auch er immer noch das gewisse Lächeln auf seinem Gesicht.