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Überseevon Peter Fritz
EinzelgängerWie ein Wanderprediger zieht der Soziologe Robert Putnam durch die USA. Die Botschaft, die er verkündet, ist ziemlich düster. Die Amerikaner haben, so meint er, den Gemeinschaftssinn verloren. Putnam zählt Vereine und Gruppen auf, denen in den letzten dreißig Jahren die Mitglieder scharenweise davongelaufen sind: die Pfadfinder, die Musikkapellen, aber auch die Gewerkschaften und die Ortsgruppen politischer Parteien. Immer weniger Amerikaner nehmen an Wahlen teil, immer mehr legen dagegen Wert darauf, nicht im Telefonbuch aufzuscheinen. Robert Putnam sieht die gutverdienenden Einzelgänger vor sich, eingeschlossen in den Mauern ihrer Vorstadtburgen, Tag und Nacht von Fernseh- und Computerschirmen umflimmert. Auf die Hilfe ihrer Nachbarn sind sie nicht mehr angewiesen, sie können ihre Einsamkeit, wenn sie wollen, als ungestörten Genuß betrachten.Der Soziologe sieht die Lage um einiges düsterer, als sie tatsächlich ist. Nach wie vor gehört es für die meisten Amerikaner zum guten Ton, sich irgendwo zu engagieren. Vielleicht ist es einfach so, daß die Blaskapellen etwas aus der Mode gekommen sind und daß sich stattdessen viele andere Formen entwickelt haben, in denen Menschen gemeinsam etwas weiterbringen können. Umweltschutzgruppen, Vereine für soziale Hilfe, aber auch Lobbies wie der mächtige Pensionistenverband können sich über steten Zulauf von neuen Mitgliedern freuen. Dazu kommen neue Gemeinschaften, die erst möglich geworden sind, seit man Computer miteinander vernetzen kann. Tausende Freiwillige lassen sich in Computerlisten eintragen, um als Ratgeber auftreten zu können. Man kann sie anschreiben, und sie antworten gratis mit guten Tips, vom richtigen Ausfüllen der Steuererklärung bis hin zum Kochrezept. Eine Gemeinschaft, die nicht nur ein Datennetz verbindet, sondern auch sehr viel guter Wille. Copyright © |