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von Peter Fritz
(Washington DC)

Telefon- Touren

Ruhestörung in den Abendstunden, das ist in Amerika ein Riesengeschäft. "Direktes Marketing" heißt es offiziell, "Telefon- Terror" nennt es der Volksmund. Die Täter sind leicht zu erkennen. Erstens rufen sie fast immer zur Essenszeit am Abend an. Zweitens herrschen immer drei bis fünf Sekunden Stillschweigen in der Leitung, bevor die Telefon- Täter zuschlagen, und das tun sie in meinem Fall auf besonders verräterische Weise. "Ist Hans am Apparat?", fragen sie. Alles klar. Denn daß ich mit meinem ersten Vornamen Hans heiße, das wissen oft nicht einmal meine besten Freunde. Aber diese Leute, die meinen Namen aus dem Telefonbuch oder aus der Führerscheinkartei abgeschrieben haben, glauben, dass sie mich mit meinem Rufnamen anreden und kommen dann gleich zur Sache: "Sie gehören zum Kreis der Auserwählten! Sie haben von uns eine Kreditkarte bewilligt bekommen!" Um die stolz verkündete Bewilligung habe ich nie angesucht. Aber offenbar lassen sich immer noch Menschen mit diesem Schmäh fangen, denn wenn es keinen Gewinn brächte, hätten die Kredithaie ihre Telefon- Tour sicher schon eingestellt.
Der Trend zur abendlichen Ruhestörung hat auch die Politik voll erfaßt. Ein neues System der Firma Xpedite macht es mit Computerhilfe möglich, 140.000 Menschen gleichzeitig anzurufen und ihnen eine Wahlkampfparole ins Ohr zu flüstern. Wenn jetzt das Telefon läuten sollte und Präsident Bush am Rohr ist, ist das also gar kein Grund, sich besonders geschmeichelt zu fühlen. Denn er spricht im selben Moment zu 139.999 anderen, denen er ebenfalls den familiären Frieden stiehlt.