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von Peter Fritz
(Washington DC)

Unser Oscar

Die Gespräche im Saal verstummen. Die Musik spielt einen zackigen, aber würdigen Marsch. Im Scheinwerferlicht marschieren vier Soldaten ein, mit riesigen Flaggen, die sie stolz präsentieren. Früher hat man die Fahnen so an den Truppen vorbeigetragen, die in die Schlacht mußten. Aber mir steht zum Glück etwas ganz anderes bevor. Die kriegerische Flaggenparade ist Teil eines friedlichen Zeremoniells, das genauso zu Washington gehört wie der alljährliche Oscar- Rummel zu Hollywood. Ich bin einer von mehr als 2000 Gästen bei der alljährlichen Festversammlung der Radio- und Fernsehjournalisten in Washington.
Für die Herren ist der Smoking Pflicht, für die Damen zumindest das kleine schwarze Abendkleid. Der Präsident ist da, die First Lady, die Spitzen des Parlaments, sie alle machen ihre Aufwartung bei den Berichterstattern, die ihnen sonst Tag und Nacht auf den Fersen sind. Journalisten klatschen normalerweise nie, wenn Politiker auftreten. Aber an diesem Abend bekommt der Präsident höflichen Applaus von allen im Saal. Er revanchiert sich mit einer launigen Rede. George Bush zitiert aus der langen Liste seiner Versprecher und sprachlichen Fehlkonstruktionen. „Ich habe keine Ahnung, was ich damals zusammengeredet habe", bekennt er freimütig. Nicht nur damals, denkt sich mancher im Stillen.
Sehen und gesehen werden ist natürlich wichtig bei einem solchen Anlaß. Und so kommt es, daß vom Tisch der österreichischen Reporter plötzlich eine Kollegin aufsteht und schnurstracks Richtung Bühne marschiert, dorthin, wo der Präsident sitzt. Freudestrahlend berichtet sie danach: „Er hat mir zugezwinkert! George Bush hat mich gesehen!" Hoffentlich hat First Lady Laura Bush gerade woanders hingeschaut. Sonst müßte der Präsident vielleicht beteuern, daß er auch von der Identität der unbekannten Dame wirklich, ehrlich, keine Ahnung hat.