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Übersee

von Peter Fritz
(Washington DC)

Orientierung

In Florida habe ich unlängst Bekanntschaft geschlossen mit einer Frau, die alles besser weiß. Ich nenne sie Emily. Ihren wirklichen Namen kenne ich nicht. Eigentlich existiert Emily gar nicht, aber sie macht sich trotzdem sehr deutlich bemerkbar. Ihre sanfte, aber ziemlich bestimmte Stimme hat mich in einem Leihwagen sicher durch die Straßen von West Palm Beach in Florida geleitet. Das Auto war mit der neuesten technischen Spielerei ausgestattet: mit einem Satelliten- Navigationssystem.
Das kleine Kästchen hält hunderte Straßenkarten auf Abruf bereit. Per Satellitenpeilung ermittelt es genau, wo ich mich gerade befinde. Der Clou des Systems: Es hat Flughäfen, Hotels, Einkaufszentren und dergleichen mehr in seinem Computerhirn gespeichert. Mit ein paar Tastenklicks kann ich mein Ziel suchen, und dann tritt Emily in Aktion. Ihre Stimme verpaßt der simpelsten Autofahrt den Hauch eines Weltraumabenteuers. „Links abbiegen in eineinhalb Meilen" verkündet sie. Nicht der leiseste Zweifel liegt in ihrer Stimme. Dann: „Links abbiegen in einer halben Meile", und schließlich: „Jetzt nach links".
Emily ist nicht nachtragend. Wenn man ihre Anweisungen nicht befolgt, dann sagt sie nur einmal sehr höflich „Bitte folgen Sie dem markierten Weg". Dann beginnt sie damit, eine neue Route auszurechnen, die den störrischen Automobilisten doch noch auf den richtigen Pfad führen könnte.
Beim Einschalten zaubert das kleine Wunderkästchen eine ganze Reihe von Warnhinweisen auf seinen Schirm. „Tippen Sie nie während der Fahrt etwas ein", „Schauen Sie immer nur kurz auf die elektronische Straßenskizze", vor allem aber: "Befolgen Sie keine Anweisungen, die gefährlich oder illegal wären". Emily lehnt also jede Haftung für ihre guten Tips ab. Ich hoffe nur, daß sie mir im Fall des Falles nicht gleich mit Satellitenhilfe die Polizei auf den Hals schickt.