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Übersee

von Peter Fritz
(Washington DC)



Bleibender Schock

Vor kurzem bin ich wieder am "Ground Zero" gewesen, beim riesigen Loch in Manhattan, das jetzt schon eher einer Baustelle gleicht als einem chaotischen Trümmerhaufen. Schneller als erwartet gehen die Aufräumungsarbeiten voran. Aber jeden Tag wird mindestens einmal innegehalten beim Verladen der Trümmer. Dann sind wieder menschliche Überreste gefunden worden. Es folgt ein nur allzugut eingeübtes Ritual: Was vom Toten geblieben ist, wird auf eine Plastik- Tragbahre gelegt, mit der amerikanischen Fahne zugedeckt und von sechs Feuerwehrmännern gemessenen Schrittes aus der Grube getragen. Die Leute von den Bergungstrupps stehen stumm Spalier, den abgenommenen Schutzhelm in der Hand.
Ich bin beim "Ground Zero" mit dem Börsenhändler Thomas Suppanz zusammengetroffen. Er ist gebürtiger Steirer und hatte seinen Arbeitsplatz im Südturm des World Trade Center. Daß er an diesem Tag zu spät zur Arbeit kam, war sein Glück. Er kam mit der U- Bahn im World Trade Center an und wurde sogleich nach draußen beordert, noch bevor das zweite Flugzeug "seinen" Turm zerstörte. Thomas Suppanz hatte einen Bürokollegen, der rechtzeitig die Flucht aus dem Südturm schaffte, völlig unverletzt. Trotzdem ist er seither arbeitsunfähig, wegen schwerer psychischer Störungen. "Posttraumatische Belastungsstörung" heißt die Krankheit im Fachjargon, ein Zustand, den man bisher vor allem bei Soldaten kannte, die im Krieg Schreckliches erlebt hatten. Aber das ist eben auch eine der tragischen Lehren das 11. September: In New York kann selbst der friedlichste Arbeitsplatz von einer Sekunde auf die andere zum Kriegsgebiet werden.



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