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Übersee
von Peter Fritz
(Washington DC)
Augenzeugen
Gedeon Naudet ist 31 Jahre alt, Jules Naudet ist 28. Die beiden sind Brüder und stammen aus Frankreich. Daß sie beide noch am Leben sind, grenzt an ein Wunder. Und weil sie die schlimmsten Minuten ihres Lebens in Bild und Ton festgehalten haben, können bald Millionen Fernsehzuschauer sehen, wie nahe sie dem Tod gekommen sind. Die beiden haben die New Yorker Feuerwehr zum Einsatz begleitet, am 11. September 2001.Eigentlich wollten sie ein Filmportrait über einen jungen New Yorker Feuerwehrmann drehen. Am Morgen des 11. September rückte die Löschbereitschaft in Manhattan aus, um ein leckes Gasrohr zu überprüfen. Jules hörte ein Dröhnen, riß die Kamera hoch und machte so die einzige Aufnahme vom ersten Flugzeug, das ins World Trade Center raste.
Die Feuerwehrmänner eilten drauflos, Jules Naudet mit ihnen. Man sieht den Trupp im Inneren des ersten getroffenen Turms, man sieht den Feuerwehrpfarrer Mychal Judge, wie er, ein Gebet vor sich hinmurmelnd, ruhig auf und ab geht. Dann ein Luftzug, ein Krachen, Staub und Dunkelheit. Die Feuerwehrmänner, eingeschlossen im Dunkeln, wissen nicht, daß in diesen Sekunden der Südturm des World Trade Center eingestürzt ist. Aber sie wissen, daß in ihrer Mitte in Toter liegt: Feuerwehrpfarrer Judge, getroffen von einem Trümmerstück. Einer von 343 toten Feuerwehrmännern an diesem Tag.
Der Fernsehsender CBS hat den Brüdern Naudet eine Million Dollar gezahlt für ihre Aufnahmen. Aber die beiden sind nicht auf Gewinn aus. Sie stiften das Geld einem Hilfsfonds für die Angehörigen der Toten, die den jungen Filmemachern jetzt allesamt wie verlorene Brüder erscheinen.
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