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Übersee

von Peter Fritz
(Washington DC)



Doch kein Chaos

Die Meldungen klingen, als wäre eine feindliche Armee im Anmarsch, geradewegs auf Washington zu. „Bereiten Sie sich auf etwas ganz schlimmes vor" schallt es einem aus dem Radio und dem Fernseher entgegen. „Legen Sie einen Notvorrat an". Ein Sprecher des Roten Kreuzes gibt Überlebenstips: „Sie brauchen zwei Garnituren Ihrer wichtigsten Dokumente, einmal im Haus und dann noch einmal im Auto."
Was ist passiert? Letztendlich ist überhaupt nichts passiert. Die Wetterfrösche hatten einen riesigen Schneesturm vorhergesagt. Den ersten Prognosen zufolge hätte er zum schlimmsten Schneechaos seit Jahrzehnten führen können. Aber als es dann soweit war, erwiesen sich die Vorhersagen als weit übertrieben. Gerade einmal drei Zentimeter Schnee bedeckten in unserer Gegend den Boden. Nach ein paar Stunden war die bescheidene Pracht zur Gänze dahingeschmolzen.
Die Fluggesellschaften ließen sich von den überzogenen Prognosen der Wetterleute foppen. Sie stellten vorsorglich alle Flüge nach New York ein, aus Angst, ihre Maschinen könnten tagelang im Schnee festsitzen. Der Schnee blieb aus, aber die Fluglinien mußten lange daran arbeiten, das selbstverschuldete Chaos wieder in den Griff zu bekommen, und tausende Passagiere blieben verärgert zurück.
Gibt es tiefere Gründe für die Schnee- Hysterie, die regelmäßig das ganze Land befällt? Professor Bernard Mergen aus Washington hat das Buch „Schnee in Amerika" geschrieben. Er glaubt, daß die Schnee- Angst vor allem für Großstadtmenschen ein willkommener Anlaß zum Zusammenrücken ist. Bei den Hamsterkäufen im Supermarkt kommt man schnell ins Gespräch. Man hat das Gefühl, gemeinsam einem mächtigen Feind zu trotzen. Früher rückten die Helden gemeinsam aus, um böse Drachen zu töten. Heutzutage muß eben der Schnee den Bösen spielen, auch wenn er es nur auf matte drei Zentimeter Stärke bringt.



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