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Überseevon Peter Fritz
GeistertelefoneFinanzinspektor Barrett Prettyman ist Kummer gewöhnt. Als oberster Rechnungsprüfer von Washington hat er schon viele Schlampereien und Betrügereien in der Buchhaltung der Stadt aufgedeckt. Aber diesmal hat es auch ihm die Rede verschlagen. Prettymans Inspektorenteam hat die Telefonrechung der Stadtverwaltung unter die Lupe genommen. Für mehr als 25.000 Telefonleitungen bezahlt die Stadt allmonatlich die Grundgebühr. Jetzt stellte sich heraus, daß von den 25.000 Anschlüssen mehr als 9.000 nicht benützt werden. Neuntausend Leitungen! Pro Jahr zahlte die Stadt für diese Geistertelefone mehr als 20 Millionen Schilling an die Telefongesellschaft, die steckte das Geld ein und sagte kein Wort.Wie konnte das passieren? Die Antwort ist einfach: reine Schlamperei. So gab es in einem Altersheim der Stadt 146 Telefone. Das Heim wurde vor Jahren wegen Baufälligkeit geschlossen, aber niemand dachte daran, die Telefone abzumelden. Grotesken wie diese sind ein Teil des Scherbenhaufens, den der frühere Bürgermeister Marion Barry in Washington hinterlassen hat. Barry ist eine schillernde und höchst umstrittene Figur. In den Sechzigerjahren war er ein enger Mitstreiter des schwarzen Bürgerrechtskämpfers Martin Luther King. In Washington, wo sieben von zehn Einwohnern von schwarzer Hautfarbe sind, hat er viel für die Gleichberechtigung und den Aufstieg der Schwarzen getan. Am liebsten allerdings dadurch, daß er neue Posten in der Stadtverwaltung geschaffen hat. Auf Treue und Ergebenheit zum Bürgermeister wurde dabei geachtet, auf Qualifikation weniger. Und so kommt es, daß heute im Rathaus von Washington scharenweise unfähige und unwillige Beamte sitzen. Der neue Bürgermeister Anthony Williams verspricht Abhilfe. Zuallererst muß er sich aber einmal auf die Suche machen- nach 9.000 Geistertelefonen irgendwo in seiner Stadt. Copyright © |