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Übersee

von Peter Fritz
(Washington DC)



Glatte Zeiten

Frühmorgens gehe ich vors Haus, um die Zeitungen zu holen. Es ist kalt, es regnet in Strömen, aber sonst fällt mir nichts auf. Wenig später kommt der Anruf: Der Kindergarten meines Sohnes Simon bleibt heute geschlossen. Später hören wir, daß auch Simons Schwester Klara zu Hause bleiben kann. „Weather Emergency"- ein wetterbedingter Notfall. Wir schütteln ungläubig die Köpfe. „Diese Amerikaner"- entfährt es uns wieder einmal. Wegen der kleinsten Kleinigkeit sperren sie schon alles zu. Wie war das seinerzeit bei uns, als man die Kinder durch meterhohen Schnee in die Schule waten ließ. Keine Rede vom Zusperren!
Erst am Abend erfahren wir, daß der scheinbar so harmlose Regen an diesem Morgen tatsächlich eine mittlere Katastrophe mit sich gebracht hat. Ursprünglich hätten die Schulen nämlich sehr wohl offenbleiben sollen. Aber dann meldeten die Fahrer der ersten Schulbusse, daß sich die Straßen in kürzester Zeit in spiegelglatte Eisbahnen verwandelt hatten. Allein in unserem Bezirk gab es in den Morgenstunden rund 400 Glatteis- Unfälle. Auf den Autobahnrampen rutschten die Polizisten zu Fuß herum, nahmen einen Blechschaden nach dem anderen zu Protokoll. Denn auch für ihre Autos gab es kein Weiterkommen mehr.
Das ist das Heimtückische am Winter in unserer Gegend. Es wird nie so richtig kalt, es wird nie so richtig warm. Ständig schwanken die Temperaturen rund um den Gefrierpunkt. Was einmal Schnee war, das wird schnell zu Wasser und kurz darauf zu Eis. In Sekundenschnelle werden Landstraßen zu Glatteisfallen.
Ich war nachträglich ziemlich froh darüber, daß unsere Kinder an diesem Tag nicht in die Schule mußten. Und ich muß den vorsichtigen Amerikanern Abbitte leisten. Lieber ließe ich meine Kinder noch durch meterhohen Schnee stapfen, als sie im Auto oder im Schulbus über zentimeterdickes Spiegeleis schlittern zu sehen.



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